Wein vom Niederrhein: Nachhaltigkeit trifft Pioniergeist

Wein vom Niederrhein: Nachhaltigkeit trifft Pioniergeist

02 Okt 2025

Straelen - Der Herbst steht vor der Tür und die Felder werden allmählich leerer. Doch nicht nur die Maisernte lief in den letzten Wochen auf Hochtouren – auch die Traubenernte am Niederrhein war in vollem Gange. Ein idealer Anlass für den Verein Agrobusiness Niederrhein, eines seiner neuesten Mitglieder zu besuchen: den Gelderner Weinbauer Gianluca Antoniazzi. Der Wind am frühen Mittag schreckte die Teilnehmenden nicht ab: Trotz des rauen Wetters kam eine erfreuliche Anzahl von Mitgliedern zum vereinbarten Treffpunkt, dem höchsten Punkt in Geldern, um mehr über den ungewöhnlichen Anbau in je 130 m langen Reihen zu erfahren.

„Der Klimawandel macht´s möglich“, erklärt Antoniazzi. Vor einigen Jahren wäre man noch für verrückt erklärt worden, so weit nördlich und in flacher Lage Wein anzubauen. Mittlerweile ist Geldern aber ein besserer Standort als viele südliche Regionen, wo der Niederschlag zunehmend ausbleibt. Zudem punktet der Niederrhein mit einer vergleichsweise hohen Zahl an Sonnenstunden und ausreichenden Durchschnittstemperaturen. Ein Nachteil des abgelegenen Standorts ist die Reparatur von Maschinen: "Wenn hier etwas kaputtgeht, ist es nicht möglich, eben zum Nachbarn zu gehen und sich das defekte Teil auszuleihen. Bis zum nächsten Weingut sind es locker 200 km. Deshalb arbeiten wir mit älteren Maschinen – die lassen sich erfahrungsgemäß besser selbst reparieren als moderne Technik“, so der Weinbauer.

Auf die Frage, wie lange die Reben einen guten Ertrag liefern, antwortet Antoniazzi schmunzelnd: „Das ist eigentlich ähnlich wie bei uns Menschen. In der Jugend preschen sie nach vorne und bringen viel Leistung. Wenn sie älter werden, wird die Menge des Ertrags zwar geringer, dafür steigt aber die Qualität des Produkts!“

Mit seinen Reben in Geldern und Sonsbeck setzt Antoniazzi auf neue Sorten, die resistent gegen einige Pflanzenkrankheiten sind. Das spart Pflanzenschutzmittel, schont die Umwelt und reduziert den Arbeitsaufwand. Auch Nährstoffzugaben sind kaum nötig: „Der Boden, auf dem die Reben stehen, ist top versorgt. Das Einzige, was die Pflanzen zusätzlich brauchen, ist Magnesium. Da der Grünschnitt auf dem Feld verbleibt und der Most der Trauben nach der Ernte wieder auf dem Feld ausgebracht wird, gehen kaum Nährstoffe verloren.“

Der Weinbau erfolgt hier größtenteils in Handarbeit. Lediglich der Sommerschnitt wird maschinell durchgeführt. Laut Antoniazzi trägt die Präzision der Handarbeit maßgeblich zur Qualität des Weins bei.

Im Anschluss an diesen ersten Einblick in den Weinbau am Niederrhein war es für die Besucher an der Zeit, sich von der Qualität des aktuellen Jahrgangs zu überzeugen. Nach einer kurzen Fahrt zur Produktionsstätte gab es eine kleine Kostprobe des frischen Federweißen. „Der Oechsle-Wert, also der Zuckergehalt der Trauben, war dieses Jahr besonders hoch- das sorgt für eine Top-Qualität des Weins“, berichtet der Anbauer. Die Süße überraschte auch die Gäste. „Wir lassen den Wein hier vollständig gären“, erklärt Antoniazzi. „So wird der gesamte Zucker im Most in Alkohol umgewandelt. Anschließend wird das Endprodukt mit Traubensaft angereichert, um die richtige Süße zu erreichen. Dieses Verfahren ist zwar relativ aufwendig, dafür entstehen aber kaum Sulfite – die bei günstigen Discounterweinen für Kopfschmerzen sorgen können.“ Aktuell reifen in der Anlage rund 30.000 Liter Wein, die im kommenden Frühjahr abgefüllt werden.

Nach all den spannenden Einblicken durften die Mitglieder natürlich noch einmal den Wein genießen – ohne Kopfschmerzen am nächsten Morgen.

Quelle-Foto: Agrobusiness Niederrhein e.V., Gianluca Antoniazzi (links im Bild) erläuterte den Weinanbau am Niederrhein und lud die Gäste von Agrobusiness Niederrhein ein, seine Weine zu probieren.

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